C II b Mannlehenurbarien und -akten, 1349-1857 (Bestand)

Archivplan-Kontext


Identifikationsbereich

Signatur:C II b
Titel:Mannlehenurbarien und -akten
Entstehungszeitraum:1349 - 1857

Angaben zum Kontext

Verwaltungsgeschichte:Das Mannlehen (auch werntlich lehen) bezeichnet ursprünglich jedes gegen Mannschaftsleistung verliehene Lehen, im Gegensatz zu den ministerialischen Dienstlehen und der gewöhnlichen bäuerlichen Leihe. Mit dem Begriff eng verbunden ist der Umstand, dass ein Mannlehen nur an einen wehrfähigen Mann, d.h. im Mannesstamm vererbt werden kann. Im Todesfall des Lehensherrn oder des Belehnten musste das Mannlehen neu verliehen und der Ehrschatz entrichtet werden. Das im Waadtland gebräuchliche Kunkellehen dagegen konnte allerdings auch in der weiblichen Linie vererbt werden.
Obwohl die allgemeine Wehrpflicht in den bernischen Gebieten bereits eingeführt war, wurden die Teütschen vassallen, so twing und ban herrschend noch im Jahr 1612 ermahnt, sich mit guten Rüstungen und Pferden auszurüsten. Folgende Herrschaften in Privatbesitz waren Mannlehen: Spiez, Oberhofen, Riggisberg, Wattenwil, Blumenstein, Schlosswil, Niederhünigen, Kastelen, Rued, Wildenstein, Vilnachern, Schafisheim, Liebegg und Schöftland.

Vor dem Aufstieg der Stadt Bern wurden Mannlehen im Gebiet des heutigen Kantons Bern durch Freiherren, Grafen oder direkt durch den König oder Kaiser verliehen. Besonders viele Mannlehenrechte gab es im Raum Berner Oberland, was sich im Inventar deutlich niederschlägt. Trotzdem bestanden im gesamten deutschsprachigen Teil der Stadt und Republik Bern Mannlehen. In den Gesamturbarien (C II b 2, 3 9, 10) sind daher nebst dem gegenwärtigen Gebiet des Kantons Bern auch die Gebiete des heutigen Kantons Aargau enthalten.

Die Mannlehen befanden sich im Besitz von Reichsministerialen und von Freien. Gegenstand dieser Lehen waren Herrschaften, Zehntrechte, Mühlen, Alpen und Grundbesitz (Rennefahrt 1931 II, S. 82). Inhaber von Herrschaften im Mannlehen konnten ihrerseits freie Bauern belehnen (Afterleihe). Entsprechend umfasst der Bestand der Mannlehensachen zum grössten Teil bäuerlichen Grundbesitz.

Das Weistum der Interlakner Gotteshausleute vom 23. Januar 1404 ist der älteste bernische Rechtstext zum Mannlehenrecht (SSRQ Bern Land VI, S. 118). In der Urkundensammlung des Staatsarchivs befinden sich mehrere hundert Mannlehen betreffende Urkunden aus den Jahren 1275 bis 1817.

König Sigmund erteilte am 6. Juli 1414 dem Schultheissen der Stadt Bern das Recht, sämtliche Mannlehenrechte des Königs oder des Reichs, die in bernischem Gebiet liegen, in dessen Namen zu verleihen und stattdessen den Huldigungseid abzunehmen (SSRQ Bern Stadt III, S. 481). Ein aus Reichs- und Mannlehenträgern zusammengesetztes, unter dem Vorsitz des Schultheissen Niklaus von Diesbach (1430-1475) stehendes Mannengericht bereinigte zwischen 1465 und 1469 die Lehenverhältnisse (Lehenempfang und Afterleihe). Wie der Twingherrenvertrag von 1471 für die übrigen landesherrlichen Rechte, blieben auch die Weistümer von 1465 und 1469 in Mannlehenangelegenheiten bis ins 18. Jahrhundert massgebend (StAB, C II b 179, S. 1).

Niklaus Trachsel, der letzte Propst des Klosters Interlaken, legte 1524 ein Empfangenschaftsbuch für die Mannlehenrechte im Besitz des Klosters an. Damit setzte die Verschriftlichung der Mannlehen ein. Venner Jakob Thormann hielt 1562 Mannengericht in Zweisimmen an offner rychstrass uf dem platz under der obern linden. Das Ergebnis des Zweisimmer Mannengerichts war ein erstes Urbar über die Oberländischen Mannlehen (C II b 1) und das allgemeine Mannlehenurbar von 1564 (C II b 3).


Zwischen 1742 und 1775 liess die bernische Obrigkeit die Mannlehen komplett überarbeiten, sodass neue Urbarien angelegt werden konnten. Um den Verwaltungsaufwand zu mindern, ging die Obrigkeit ab 1758 den Erbgängen nicht mehr nach, sondern sie veranstaltete, vertreten durch den Lehenvenner (Mitglied des Kleinen Rates), im Schloss Oberhofen regelmässig Manntage, bei denen die Ehrschätze eingezogen wurden. Die Belehnten hatten nun entweder den Handänderungs-Ehrschatz oder einen zwanzigjährigen Ehrschatz zu entrichten.
1786 wurde das deutsche Lehenskommissariat eingeführt (SSRQ Bern Stadt V, S. 563-565), um die Lehenverhältnisse abermals neu zu ordnen. Erster Inhaber des Amtes war Deutschlehenskommissär Franz Salomon Wyss (1750-1817).

Während die Wehrfähigkeit im Lauf der Jahrhunderte als Gegenleistung nebst dem Ehrschatz verloren ging, blieb Schutz und Schirm der Lehensherrin (Stadt und Republik Bern) bis ins 18. Jahrhundert bestehen, wie ein entsprechendes Mannlehensbrief-Formular zeigt: [...] darbey Wir [NN] auch schützen und schirmen wollen [...].

Die Ablösungen der Mannlehenrechte zogen sich - im Gegensatz zu den Herrschaftsrechten (Twing und Bann), die bis spätestens 1810 abgelöst waren - bis ins Jahr 1857 hin.


Manuel Kehrli, November 2008.

Bestandesgeschichte:Der zu den Staatlichen Sammlungen gehörende Bestand Mannlehensachen setzt sich zusammen aus den Mannlehenakten der Kanzlei und weiteren Akten, die im Lauf des 19. und 20. Jahrhunderts aus anderen Beständen aussortiert und in den Bestand der Mannlehensachen integriert wurden. Die 2008 angelegte Ordnung der Mannlehensachen richtet sich nach dem Inventarium über die Dokumenten Bücher und Urbarien von 1831.
 

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